Ernährungsempfehlung der DGE ein „Missverständnis“

Die Aufregung um die angeblich neuen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) war groß. Einem Medienbericht zufolge sahen die neusten Empfehlungen des Experten-Gremiums lediglich zehn Gramm Fleisch und Wurst pro Tag als Höchstgrenze vor. Umgerechnet entspräche das nicht einmal einer Scheibe Aufschnitt (15 Gramm) oder auch nur einer Currywurst im Monat. Diese Richtwerte sollten auch in die neue Ernährungsstrategie von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einfließen. Doch der Gegenwind bei den Verbrauchern war riesig – so riesig, dass die DGE nun zurückruderte und von Falschmeldungen sowie Missverständnissen spricht.

In einem Interview mit Agrar Europe betont DGE-Präsident Professor Bernhard Watzl: „Wir werden weiter eine omnivore Ernährung empfehlen, also eine, die weder Fleisch, Fisch und Meeresprodukte noch Obst oder Gemüse ausschließt, aber aus unserer Sicht pflanzenbetont sein sollte.“ Er ist demnach davon überzeugt, dass eine ausschließlich pflanzliche Ernährung aus wissenschaftlicher Sicht keine sinnvolle Empfehlung sein kann. Denn insgesamt biete der Verzehr tierischer Lebensmittel viele Vorteile.

In dem Medienbericht vor rund einer Woche hatte das anders geklungen: „Niemand möchte den Menschen ihre gelegentliche Currywurst verbieten. Aber der Fleischkonsum in der Bevölkerung ist aus gesundheitlichen und nachhaltigen Gründen insgesamt zu hoch, das ist wissenschaftlicher Fakt“, ließ die DGE auf Anfrage verlauten. Ein Dementi zu den genannten Richtwerten von zehn Gramm Fleisch und Wurst pro Tag? Fehlanzeige. Die Berichterstattung fußte auf einem internen Dokument, das der Zeitung vorlag.

Der Gegenwind aus Politik, Handel, Landwirtschaft und von den Verbrauchern ließ nicht lange auf sich warten. „Es ist ein Irrsinn und nicht praktikabel. Wer seine Currywurst nicht mehr in der Kantine kriegt, geht in die Frittenbude davor“, schimpfte beispielsweise Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Milchindustrie. Auch der Verband der Fleischwirtschaft (VdF) kritisierte die Empfehlungen der DGE scharf und verwies darauf, dass bereits heute in Deutschland viele Menschen mit bestimmten Nährstoffen unterversorgt sind. „Sollte es bei den von der DGE vorgelegten neuen Ernährungsempfehlungen bleiben und eine derartig drastische Reduzierung von tierischen Lebensmitteln empfohlen werden, würde der Mangel verstärkt“, betonte VdF-Hauptgeschäftsführerin Heike Harstick.

Immerhin: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat sich der Kritik angenommen und will ihre Empfehlungen deutlich anpassen. Die DGE will laut eigener Aussage vier Parameter miteinander in Einklang bringen: Nährstoffversorgung, mögliche Zusammenhänge zwischen Ernährungsweisen und Gesundheit, Ernährungsgewohnheiten und schließlich Umweltwirkungen von Lebensmitteln. Derzeit arbeite man ein einem Optimierungsmodell, um aus diesen vier Zielgrößen wissenschaftlich gesicherte Ernährungsempfehlungen abzuleiten. Die zehn Gramm Fleisch und Wurst pro Tag waren offenbar nicht wissenschaftlich gesichert.