Özdemir stellt Eckpunkte vor

Nach einem jahrelangen Trauerspiel beim Thema Haltungskennzeichen und Tierwohlsiegel soll es nun also endlich vorangehen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat am 7. Juni 2022 sein Eckpunkte-Papier für ein verpflichtendes Haltungskennzeichen vorgestellt.

 

Geplant ist demnach ein fünfstufiges Modell je nach Haltungsform der Tiere, das noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht und spätestens im kommenden Jahr verbindlich eingeführt werden soll. Je höher die Stufe, desto mehr Platz werden die Schweine demnach haben. Bei Stufe 3, 4 und 5 sind Außenklimareize bzw. Außenbereiche im Freien vorgesehen.

 

Es ist ein erster wichtiger und guter Schritt. Denn Özdemir hat sich im Rahmen der Vorstellung und in seinem Eckpunkte-Papier sehr eindeutig für die Zukunft der Landwirtschaft und Tierhaltung sowie für die Zukunft der Lebensmittel- und Fleischherstellung in Deutschland ausgesprochen. Ein wichtiges Signal an alle Betriebe entlang der Wertschöpfungskette. Die Frage ist, ob das Signal rechtzeitig kommt.

 

Was alles noch auf den Weg gebracht werden muss, hat der Minister in seiner Pressekonferenz selbst aufgelistet: Es fehlt vor allem noch an verlässlichen Zusagen und Leitplanken für die vertraglich gesicherte Finanzierung der Investitionen in mehr Tierwohl und vor allem für den Managementmehraufwand auf den Betrieben.

 

Auch die dringend notwendige Anpassung des Bau- und Umweltrechts hat der Minister benannt, damit die deutschen Bauern überhaupt umbauen können. Am wichtigsten ist und bleibt jedoch die Frage nach der Finanzierung: Die im Bundeshaushalt eingeplante 1 Milliarde Euro wird nicht reichen – schon gar nicht über die angepeilte Zeit von vier Jahren. Stattdessen gehen Experten von einem Bedarf von rund vier Milliarden Euro aus – und zwar pro Jahr.

 

Wichtig ist zudem, dass die Kennzeichnung schnellst möglich auf alle Tierarten und auch auf verarbeitete Produkte wie Wurstwaren sowie den Foodservice samt der Gastronomie in das Tierwohlkonzept ausgedehnt wird.

 

Nur die Umsetzung eines vollumfänglichen Systems einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung, zusammen mit einer Herkunftskennzeichnung, bietet Chancen. Stückwerk reicht nicht.

 

 

Bildquelle: BMEL/Thomas Trutschel/photothek