Im Rahmen meines Studiums an der Hochschule Osnabrück gehört ein Praktikum in einem der Landwirtschaft vor- oder nachgelagerten Bereich dazu. Anfang Februar startete ich deshalb in meiner vorlesungsfreien Zeit mit einem 4-wöchigen Praktikum bei der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, von dem ich Euch ein bisschen erzählen möchte.
Aber wer bin ich überhaupt?
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Mein Name ist Paul Klingelhöller, ich bin 22 Jahre jung und komme aus einem Dorf an der Westküste im Landkreis Dithmarschen, Schleswig-Holstein. Nach meinem Abitur 2018, habe ich zunächst den Beruf des Landwirts gelernt und studiere jetzt im 5. Semester Landwirtschaft in Osnabrück. Zuhause komme ich von einem sauenhaltenden Betrieb, bin also schon seit klein auf in Kontakt mit Schweinen und hatte nie einen anderen Berufswunsch.
Warum fiel die Praktikumswahl auf die Firma Tönnies?
Als Sohn von leidenschaftlichen Sauenhaltern ist die Firma Tönnies eine bekannte Adresse. So war es auch in meinem Interesse, einen Gesamtüberblick über die Verarbeitung von Fleisch zu bekommen und tiefer in die Abläufe der Unternehmensgruppe zu schauen. Gesagt getan: Nach einem Telefonat mit Herrn Jaeger aus der landwirtschaftlichen Abteilung von Tönnies war das Praktikum in trockenen Tüchern. Ich habe einen umfassender Laufplan mit unterschiedlichen Stationen innerhalb des Unternehmens bekommen.
An meinem ersten Praktikumstag, war ich gleich mal zu spät: Stau auf der A33. Natürlich wurde ich trotzdem herzlich willkommen geheißen und direkt mit meinen wichtigsten Arbeitsutensilien für die Produktion ausgestattet: weiße Hose, weißer Kittel, Gummistiefel und eine warme Jacke. Denn eines wird bei der Firma Tönnies sehr groß geschrieben: strenge Hygiene in allen Bereichen der Produktion. In der Produktion durfte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Qualitätssicherung bei ihrer spannenden Arbeit im Firmenalltag über die Schulter schauen. So gibt es im Bereich der Tiefkühlabteilung zum Beispiel dreimal in der Woche Verköstigungen. Hier werden Produkte der laufenden Produktion präsentiert (für eine Beurteilung der Verarbeitung und des Aussehens) und zubereitet (für eine Beurteilung des Geschmacks). Anschließend probieren und bewerten Mitarbeiter der verschiedenen Bereiche die verschiedenen Produkte, denn eine gleichbleibend hohe Qualität ist wichtig für eine hohe Kundenzufriedenheit. Eine besondere Qualitätskontrolle ist der Schnitzeltest: Hier wird ein Schnitzel vom Band genommen und auf die Anforderungen des Kunden überprüft: Entspricht es dem Wunschgewicht und der Wunschdicke des Kunden? Haftet die Panade vernünftig? Und ist der Geschmack gut? Alles Fragen, die der Schnitzeltest beantwortet.
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Nach der Tiefkühlabteilung ging es für mich in den Frischfleischbereich. Hier wird Fleisch für gängige Lebensmitteleinzelhändler aus verschiedenen Teilstücken zu den entsprechenden Produkten verarbeitet. Wir haben unter anderem eine Schnittbildkontrolle des Gulaschs gemacht: Das Produkt wird zur Kontrolle gewogen und die kleinen Anteile der Packung werden ausgezählt, denn dieser soll möglichst gering sein. Außerdem müssen die Mitarbeiter der QS alle zwei Stunden zum einen die Kerntemperatur der Produkte bestimmen und zum anderen den CO2: O2-Gehalt in den Verpackungen – dies ist elementar für die Haltbarkeit der Lebensmittel.
In den darauffolgenden Tagen konnte ich einen Einblick in die Zerlegung bekommen. Wie der Name schon sagt, werden hier Sauen und Mastschweine zerlegt. Als Durchschnittsbürger kann man sich die Dimensionen schwer vorstellen. Mit am beeindruckendsten fand ich (auch wenn es plausibel ist) die Tatsache, dass vorne die ganze Hälfte zugeführt, dann vollautomatisch in die drei Teilstücke zerlegt wird, jedes Teilstück seinen Weg durch die Zerlegung geht und am Ende als fertiger Rohstoff in entsprechenden Behältern zur Weiterverwendung landet. Ich durfte nach kurzem Anlernen sogar selbst das Lagersystem bedienen. Die gepackten Paletten habe ich gescannt, eingewogen und etikettiert. Von da an haben sich die Kisten vollautomatisch zu ihrem Bestimmungsort bewegt – egal ob ins Kühlhaus oder zur LKW-Verladung.
Meine nächste Station war die Produktion von Tillman’s, wo ich den Schichtleitern bei ihrer täglichen Arbeit über die Schulter schauen konnte. Hier wird frisches Fleisch verpackt sowie Convenience-Produkte produziert. Ich habe gelernt, dass die Aufgaben eines Schichtleiters sehr vielfältig sind: Von der Betreuung der verschiedenen Produktionslinien über die laufende Kontrolle von Produkten und Verpackungen bis zum Ansprechpartner bei Problemen in der Produktion. Besonders beeindruckt hat mich hier die Automatisierung im Betrieb. Vollautomatische Roboterarme greifen zum Beispiel Schnitzel und verpacken sie. Anschließend werden die Kartons automatisch auf einer Palette gestapelt.
Letzter Teil meines Laufplans war die Schlachtung. Dort gibt es den sogenannten „weißen“ Bereich. Nach der eigentlichen Schlachtung werden die Schweine geöffnet, auf Organbefunde untersucht und in ihre zwei Hälften zerlegt. Das Trichinenlabor, welches vom Kreis Gütersloh betrieben wird, durfte ich mir auch anschauen und habe erfahren, wie Trichinen im Fleisch bestimmt werden. Auch gut zu wissen: in den letzten 20 Jahren sind keine Trichinen mehr bei einem Hausschweinebestand gefunden worden. Das ist auf die hohen Hygienestandards in den landwirtschaftlichen Betrieben zurückzuführen. Beeindruckend fand ich auch hier wieder die Automatisierung, die im Hause Tönnies Einzug erhalten hat. Das Öffnen der Bauchdecke, das Stechen des Enddarms, das Kneifen der Köpfe und das Abziehen der Flomen erfolgt bereits vollautomatisch durch Roboterarme. Dies entlastet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich, so dass sie sich auf andere Bereiche konzentrieren können. Zuletzt kommt der „schwarze“ Bereich. Hier werden die Schweine unter Aufsicht eines Veterinärs angeliefert und im Wartestall für 45 – 120 Minuten belassen. Unter Zuhilfenahme von grünem Licht, Musik, einer Lärmschutzdecke und einer Fußbodenheizung können sich die Schweine vom Transport erholen, bevor sie der CO2-Betäubung zugeführt werden. Sehr beeindruckt hat mich der ruhige und nachsichtige Umgang mit den Tieren durch die geschulten Mitarbeiter der Firma Tönnies. Trotz hoher Stückzahlen, die dort pro Stunde bewegt werden, gab es keine Hektik oder Stress für die Tiere. Tierschutz wird auch hier großgeschrieben.
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Neben meiner Zeit in den einzelnen Bereichen der Produktion lag mein Hauptaufgabenbereich während meines Praktikums auch im Büro der Abteilung Landwirtschaft bei Herrn Dr. Jaeger, wo ich sogar ein eigenes Projekt im Bereich Nachhaltigkeit und Ökologie bekommen habe. Meine Aufgabe bestand darin, firmeninterne Daten aus Rheda-Wiedenbrück und anderen Schlachthöfen der Gruppe auszuwerten sowie Online-Quellen und Fachliteratur zu sichten, um Kennzahlen entlang der Lieferkette zu ermitteln.
Alles in allem waren es sehr interessante vier Wochen in Rheda-Wiedenbrück, die so gar nicht mit den klassischen Praktikantenaufgaben gefüllt waren, sondern in denen ich sogar einen eigenen Aufgabenbereich hatte, der mir viel Spaß gemacht hat. Ich bedanke mich bei der Firma Tönnies für diese spannende und lehrreiche Zeit!