Das Europäische Parlament hat bereits 2022 in einer Resolution strengere Vorschriften für Tiertransporte gefordert. Deutschland, Belgien, Dänemark, Schweden und die Niederlande haben sich dafür ausgesprochen, bestimmte längere Transporte lebender Tiere in Drittstaaten zu verbieten und die Transportdauer für Schlachtvieh auf acht Stunden zu begrenzen. Anfang Juli hat die Debatte darüber in Brüssel wieder Fahrt aufgenommen.
Wer Nutztiere hält, wird sie früher oder später einmal transportieren müssen. Diese Touren müssen im Interesse der Tiere so schonend wie möglich gestaltet werden, die Reduzierung von Stress und Angst müssen im Vordergrund stehen. „Jede fachlich fundierte Bemühung, die diesem Anliegen Rechnung trägt, ist grundsätzlich begrüßenswert“, sagt Dr. Joerg Altemeier, Leiter der Stabsstelle Tierschutz bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. In der Kritik stehen vor allem Langstreckentransporte, wie sie für in Deutschland geborene, aufgezogene und geschlachtete Tiere selten sind. „Eine Fokussierung auf die konkrete zeitliche Dauer von Transporten allein ist insofern nicht zielführend.“
Schließlich geht es darum, dafür Sorge zu tragen, dass ein Transport insgesamt angemessen durchgeführt wird. Außer zeitlichen Einschränkungen – auch aufgrund von klimatischen Bedingungen stehen deshalb auch Fragen zur Qualifikation des Personals, zur technischen Ausstattung der Fahrzeuge, zur logistischen Planung und vor allem zur Transportfähigkeit der Tiere im Fokus.Insbesondere technische Innovationen finden dabei oft zu wenig Aufmerksamkeit. Schon heute gibt es für Touren, die länger als acht Stunden dauern, weitaus mehr Anforderungen an die Fahrzeuge, als an solche, die auf Kurzstrecken zum Einsatz kommen.
Aus unserer Sicht ergibt es kaum Sinn, den Tierschutz beim Transport in erster Linie über die pauschale Transportzeit zu definieren. Die Transportzeit muss im Kontext zur Ausstattung des Fahrzeugs, zu Witterungsbedingungen und zur Beladungsdichte sowie anderen Faktoren gesehen werden. Entscheidend ist jedoch ein gutes System zur Beurteilung und Sicherstellung der Transportfähigkeit der Tiere.
Eine zeitliche Beschränkung der Transportdauer könnte kleinbäuerliche Betriebe empfindlich treffen. Der Lastwagen steuert in solchen Fällen und im Sinne der Wirtschaftlichkeit schließlich einen Hof nach dem anderen an. Ein halbes Dutzend Stationen nicht unüblich. Im Umkehrschluss bedeutet dies: je kürzer die zulässige Transportzeit, umso größer der Anreiz und die Notwendigkeit für die Transporteure, mit großen Betrieben zusammenzuarbeiten, die jeweils große Einzelpartien für einen Transport zur Verfügung bereitstellen. Denn die Transportzeit beginnt bekanntlich mit dem Verladen des ersten Tieres auf das Fahrzeug und endet erst, wenn das letzte Tier den Lastwagen am Schlachthof verlassen hat.
Wenn das dazu führt, dass Be- und Entladevorgänge, die ja rechtlich gesehen zum Transport zählen, beschleunigt werden, um Zeit einzusparen, „wäre das in hohem Maße tierschutzrelevant“, erläutert Joerg Altemeier. Damit nicht genug: Um die Tiere entsprechend der Vorgaben im zulässigen Zeitrahmen zum Schlachthof bringen zu können wäre der Viehhändler möglicherweise gezwungen, Abstriche bei der Auslastung des Lastwagens zu machen oder gegebenenfalls auf kleinere, weniger effiziente Lastwagen umzustellen. In letzter Konsequenz würden darüber hinaus womöglich zusätzliche Fahrer erforderlich. Diese Kostensteigerung müsste aufgefangen werden. Von der mangelnden Verfügbarkeit an Lastwagenfahrern ganz abgesehen. Die stetige Verbesserung von Prozessen ist sicherlich für alle Akteure in der Kette im Interesse der Tiere und der Qualität ein großes Anliegen. Deshalb versuchen wir, Tiertransportzeiten – wenn möglich – strukturell zu minimieren. Am Stammsitz in Rheda werden die Tiere abseits von Stress und Zeitdruck entladen. Bei verkürzten Transportzeiten hingegen müssten sie gegebenenfalls innerhalb eines eng begrenzten getrieben werden.