Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat bei der Klimakonferenz in Dubai einen Fahrplan vorgestellt, wie Emissionen von Treibhausgasen aus der Nutztierhaltung begrenzt werden können. In der Studie „Pathways towards lower emissions“ wird allerdings nicht der Verzicht auf den Verzehr tierischer Veredlungsprodukte vorgeschlagen, sondern eine verbesserte Effizienz und Produktivität in der Lebensmittelkette als wichtigste Maßnahme empfohlen.
„Die Studie zeigt deutlich, dass ehrgeizige und innovative Programme sowie umfassende Maßnahmen das Potenzial haben, die Emissionskurve zum Positiven zu verändern, während die Produktion wächst“, sagte die stellvertretende FAO-Generaldirektorin Maria Helena Semedo. Die Verbesserung der Tiergesundheit, der Zuchtpraktiken, die Verringerung von Lebensmittelverlusten und -abfällen, Ernährungsumstellungen und vor allem Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen in der gesamten Kette könnten zusammen mit weiteren Optimierungen die Klimabelastung durch die Viehhaltung deutlich senken und zugleich die weltweit zunehmende Nachfrage nach tierischem Eiweiß befriedigen. Diese Maßnahmen müssten jedoch standortspezifisch sein, und den Landwirten müsse zur Umsetzung der Zugang zu Finanzmitteln und Dienstleistungen ermöglicht werden.
Laut einer neuen Schätzung der UN-Organisation war die globale landwirtschaftliche Viehwirtschaft von der vorgelagerten Stufe mit Dünger- und Pflanzenschutzherstellung bis hin zur Verarbeitung und Verpackung der Lebensmittel im Jahr 2015 für eine Emission von insgesamt 6,2 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Das entspreche 12 Prozent des gesamten menschlichen Treibhausgasausstoßes. Ohne Interventionen und Produktivitätsgewinne könnten die globalen Emissionen aus der Viehwirtschaft um annähernd die Hälfte steigen, schreiben die Forscher. Die Zahlen haben sie mithilfe des Global Livestock Environmental Assessment Model (GLEAM) evaluiert, einem Tool, das Aktivitätsdaten aus Viehproduktionssystemen weltweit analysieren und deren CO2-Fußabdruck in verschiedenen Maßstäben sowie für verschiedene Quellen berechnen könne, heißt es vonseiten der FAO.
GLEAM wähle einen Lebenszyklusansatz, der Emissionen entlang der gesamten Kette – angefangen bei der Aufzucht von Tieren über Verdauungsprozesse, Bereitstellung von Futter und Transport zum Schlachtbetrieb bis hin zur Verarbeitung, Verpackung von Rohprodukten und Auslieferung an den Einzelhandel – umfasst, heißt es. Demzufolge werden 62 Prozent der schädlichen Klimagase der Rinderhaltung zugerechnet. Es folgen Schweine mit 14 und Geflügel mit 9 Prozent. 8 Prozent entfallen auf Büffel, 7 Prozent auf kleine Wiederkäuer. Kategorisiert in Produktgruppen trage die Fleischproduktion zu zwei Dritteln der Emissionen bei, Milch mache 30 Prozent aus, Eier den Rest.
Laut der Studie entstehen direkt rund 60 Prozent der Emissionen direkt in der Nutztierhaltung, vor allem durch den Methanausstoß und die Ausscheidungen der Tiere. Der Rest sei indirekt den vor- und nachgelagerten Stufen zuzurechnen, etwa durch die Produktion von Pflanzenschutzmitteln und Dünger für die Tierfuttererzeugung, oder durch Viehtransporte und Rodungen für Felder sowie Plantagen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Menge vor dem Hintergrund der zunehmenden Weltbevölkerung der Bedarf an tierischem Protein bis 2050 um etwa ein Fünftel steigen dürfte – sofern keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
„Der Bericht zielt darauf ab, den Viehsektor in die Lage zu versetzen, seinen Beitrag zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf weit unter 2 Grad Celsius zu leisten“, teilt die FAO mit. Optionen, mehr mit weniger Emissionen zu produzieren, seien für alle Regionen und sämtliche Produktionssysteme verfügbar. Um das Minderungspotenzial zu maximieren, sei es entscheidend, den Zugang von Landwirten zu Dienstleistungen zu erleichtern und in Fördermittel bereitzustellen – und zwar maßgeschneidert und an die lokalen Rahmenbedingungen angepasst.
Die Einführung bewährter Praktiken – einschließlich Agroforstwirtschaft und optimiertem Rotationsweiden – auf allen weltweit vorhandenen Grasflächen böte ausreichend Speicherkapazität, um fast ein Drittel der aktuellen Jahresemissionsmenge von Nutztieren zu kompensieren, wenngleich die Wirtschaftlichkeit einer solchen Änderung kurz- bis mittelfristig möglicherweise nicht zu erreichen sei, schränken die Verfasser der Studie ein. Ebenso ließe sich ein Teil der Futterrationen für Schweine durch Küchenabfälle abdecken, was den Ausstoß von Stickstoff drastisch senken würde. Voraussetzung seien angemessene Investitionen in Infrastruktur, Richtlinien und Vorschriften, um die Sicherheit von Futtermitteln zu gewährleisten und das Risiko von Ausbrüchen von Tierkrankheiten zu verringern.
Andere Ansätze wie fortschrittliche Züchtung und Futterzusammensetzungen – einschließlich neuartiger Futtermittelzusätze – seien aufgrund von Kosten-, Sicherheits- und Zugänglichkeitsproblemen möglicherweise nicht überall das Mittel der Wahl. „Weidelandbasierte Systeme werden beispielsweise wahrscheinlich nicht von Strategien profitieren, die für Stallhaltungssysteme entwickelt wurden. Darüber hinaus werden die Minderungseffekte durch die Verringerung des Konsums von auf Tieren basierenden Lebensmitteln davon abhängen, was sie ersetzt“, heißt es in der Studie.
Ein besonders vielversprechender Weg sei die Förderung der Tiergesundheit zur Erhöhung der Effizienz der Viehproduktion und der Verfügbarkeit von tierischem Protein „ohne größere Herden oder Schwärme“. Für die Wissenschaftler steht fest: „Gesunde Nutztiere führen zu höheren Erträgen und bilden zugleich einen wichtigen Kanal zur Verringerung ihrer Emissionsintensität.“