„Wir sind nicht in Bullerbü“

Dr. Gereon Schulze Althoff verantwortet bei Tönnies das Qualitätsmanagement und die Nachhaltigkeitsarbeit. Mit Sorge blickt er auf die aktuelle Situation der Landwirte und appellierte im Rahmen der Grünen Woche in Berlin zuletzt nachdrücklich in Richtung der Politik, die Weichen jetzt in die richtige Richtung zu stellen, um langfristige Perspektiven zu schaffen und Existenzängste zu nehmen.

„Kurzfristige Probleme kann man überwinden, da sind wir als Partner auch immer gefragt und bereit, zu helfen. Aber vielen wird einfach keine langfristige Perspektive aufgezeigt. Der ganze Sektor ist bereit, die Transformation der Nutztierhaltung anzugehen, die Pläne sind da und sie sind gut. Aber der Gesetzgeber hat da andere Vorstellungen, wie es scheint. Der Gesetzesentwurf zu den Haltungsvorschriften ist schlichtweg unpraktikabel und hat auch auf der Grünen Woche in Berlin jede Menge Kritik geerntet. Ich kann doch die Förderung neuer Tierwohlställe nicht daran knüpfen, dass im Stall 1.200 Schweine stehen. Das würde sich für einen Vollerwerbslandwirt gar nicht rentieren. Wir sind nicht in Bullerbü. Dieses Idyll ist nicht realistisch. Mit solchen Vorschlägen bringt man nicht nur die Landwirte gegen sich auf, sondern unterstützt auch den Trend zur Aufgabe. Da wundert es mich nicht, dass junge Bauern lieber in Windkraft oder Photovoltaik investieren, als in Schweinehaltung. Und es drängt sich die Frage auf, ob man das nicht bewusst so schwierig gestalten will, um die Landwirte zum Aufhören zu bringen.“

Neben dem umstrittenen Gesetzesentwurf hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auch mit dem Vorschlag für Diskussion gesorgt, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte zu streichen. Eine klare Abwertung des Lebensmittels Fleisch, die nicht verhältnismäßig ist. Dass Fleisch ein wertvoller Lieferant wichtiger Nährstoffe ist, hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung bestätigt. Menschen brauchen Eiweiß. Besonders Kinder und ältere Menschen sind auf hochwertiges Eiweiß angewiesen. Durch eine Förderung von Obst und Gemüse wertet man Importware auf und torpediert gleichzeitig regionale Erzeuger. Teuer und wenig klimaeffizient importierte Südfrüchte werden als ernährungsfreundlich klassifiziert, das Schwein aus OWL bekommt dagegen nur Kritik. Dabei ist Fleisch in Maßen konsumiert so wichtig für eine ausgewogene und gesunde Ernährung.

Ohne Nutztierhaltung gibt es auch keine Hafer-Milch und keinen Salat mehr. Tiere gehören auch bei einem Bio-Betrieb zu einem vernünftigen Kreislauf, sonst sind die Bauern auf Kunstdünger aus fossilen Quellen angewiesen. Bio-Bauern dürfen zum Beispiel gar keinen Kunstdünger verwenden und brauchen Gülle und Mist noch dringender als konventionelle Ackerbauern.

„Wir möchten gern in den Dialog mit Herrn Özdemir gehen, um diese Punkte zu erörtern und unsere Sorgen und die unserer Partner bezüglich des eingeschlagenen Wegs darzulegen. Bislang hat das leider noch nicht geklappt, aber wir arbeiten natürlich weiter daran“, hofft Gereon Schulze Althoff.

Lars