Die weltweit erste Verordnung für entwaldungsfreie Produkte und Lieferketten gilt als ein entscheidender Schritt für den besseren Schutz von Regenwäldern. Eigentlich hätte sie Ende 2024 in Kraft treten sollen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission vom 2. Oktober sollen die Unternehmen jedoch noch zwölf Monate Aufschub erhalten. Die Erleichterung ist unter anderem bei Herstellern von Futtermitteln groß. Das Europäische Parlament und der Rat müssen dem Vorschlag noch zustimmen.
Zwar besteht das Hauptfutter der deutschen Schweine und Rinder aus einheimischen Feldfrüchten und Gras, dennoch ist Sojaschrot als weiterer Bestandteil und wertvoller Proteinlieferant gefragt. Grundsätzlich ist der Anbau von Soja in einer vielfältigen Fruchtfolge positiv. Die Pflanze ist als Leguminose in der Lage, den Stickstoffhaushalt des Bodens und das Bodenleben zu bereichern. Wenn hierfür allerdings Regenwald sowie Grasland vernichtet werden und große Monokulturen entstehen, überwiegen die Nachteile.
Es gibt also gute Gründe, den Einsatz von Soja zu reduzieren. Die Bekämpfung der weltweiten Entwaldung steht seit langem auch auf der Agenda der Tönnies-Unternehmensgruppe: TONISO heißt der Ansatz für ein tieroptimiertes, nitrat- und sojareduziertes Fütterungskonzept. Im Schulterschluss mit der Landwirtschaft treibt Tönnies diese Idee seit nunmehr sieben Jahren voran. Diese und andere Aktivitäten machen Deutschland zu dem Land, in dem Schweinefleisch am klimaeffizientesten produziert werden kann.
In den vergangenen Monaten hagelte es Kritik an der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR). Drei Monate vor dem geplanten Start des Gesetzes seien zentrale Fragen nicht geklärt, beklagten unlängst Verbände der deutschen Agrar- und Futtermittelindustrie in einem „dringenden Notruf“ an Bundeskanzler Olaf Scholz. Beispielsweise fehlt immer noch die Risikoklassifizierung der Herkunftsländer, die jedoch erheblichen Einfluss auf den Umfang der zu leistenden Sorgfaltspflichten hat. Rechtssicherheit für die Betriebe wird so nicht gewährleistet. „Ein Fiasko mit weitreichendem Schaden zeichnet sich ab. Es ist zu befürchten, dass nicht nur der Handel, die Erzeuger sowie die verarbeitende Industrie zu den Leidtragenden gehören werden, sondern auch die Verbraucher“, heißt es darin. „Wir steuern mit Tempo auf Marktverwerfungen und Angebotsengpässe zu. Eine erhebliche Verknappung und Verteuerung von Produkten des täglichen Bedarfs ist zu befürchten.“
Entspannter blickt Dr. Gereon Schulze Althoff, der in der Tönnies-Gruppe den zentralen Bereich Nachhaltigkeit verantwortet, dem Inkrafttreten der Verordnung entgegen. So habe QS als branchenübergreifender Standardgeber gemeinsam mit Vertretern entlang der gesamten fleischerzeugenden Kette den Leitfaden QS-Sojaplus entwickelt und innerhalb kürzester Zeit in den Lieferketten verankert. Die Lösung ist bereits seit dem 1. Januar 2024 für alle Futtermittelhersteller und -händler, die Sojaerzeugnisse verarbeiten oder handeln, verpflichtend.
Bei der Entwicklung der Anforderungen sei Wert darauf gelegt worden, ein stabiles und pragmatisches System zu implementieren, das für die Futtermittelfirmen praktikabel sein und für die Landwirte keinen zusätzlichen Kontrollaufwand bedeuten sollte. „Es ist gemeinsam gelungen, das Thema Entwaldung in der deutschen Fleischerzeugung zu beenden. Dadurch reduzieren wir die CO2-Emissionen des Fleisches aus dem QS-System weiter. Das hilft dem Klima und der gesellschaftlichen Akzeptanz für deutsches Fleisch“, betont Gereon Schulze Althoff. Gleichwohl bremse die politische Unsicherheit hinsichtlich des Themas momentan die Weiterentwicklung des QS-Systems aus.
Wenn das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten dem Vorschlag zustimmen, würde das EU-Gesetz am 30. Dezember 2025 für Großunternehmen und am 30. Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen in Kraft treten, teilte die Behörde in Brüssel mit.